Viele Menschen sind sich gar nicht im Klaren darüber, wie viele Faktoren sich gegen die eigentliche eigene Macht der Motivation verschwören können. Eine Vielzahl innerer und äußerer Motivationskiller arbeitet ständig daran, unser Potenzial zu blockieren und unsere Bereitschaft zu Leistung und Erfolg zu untergraben.
Motivationskiller berauben uns unserer Kraft, unserer Träume und Visionen. Sie führen zu Unzufriedenheit, Gleichgültigkeit und können sogar krank machen – psychisch und physisch. Motivationskiller treten meist nicht einzeln auf und das Gefährliche an ihnen ist, dass sie nicht gleich ihr wahres Gesicht zeigen. Nicht jeder Motivationskiller wirkt bei allen Menschen gleich, sie wirken oft schleichend und im Wechselspiel mit anderen Einflüssen. Sie zu kennen ist wichtig, um zu verstehen, warum es manchmal so schwer ist, sich und andere zu motivieren, und wo man ansetzen muss, um bei sich und bei anderen Veränderungen zum Positiven zu bewirken.
1. Minderwertigkeitskomplex
Wer sich selbst für unvollkommen und minderwertig hält, traut sich weniger zu. Mit einer so negativen Einstellung und Selbstunterschätzung kann ein Mensch weder sich selbst noch andere sehr gut motivieren. Er wird aber auch selbst nur schwer motivierbar sein, seine Leistungsreserven zu aktivieren, denn er traut sich wenig zu. Mit dem Minderwertigkeitskomplex gehen oft Verhaltensmuster einher, mit denen das Minderwertigkeitsgefühl kompensiert werden soll, wie Arroganz oder Aggressivität, was andere von der inneren Problematik des Betreffenden ablenken soll, für das geschulte Auge aber natürlich erkennbar ist. Andere Menschen wiederum ziehen sich zurück oder nehmen eine Opferrolle ein, die sie daran hindert, selbst die Verantwortung für ihr Schicksal zu übernehmen. Mehr noch, je größer die Minderwertigkeitskomplexe eines Menschen, umso mehr will dieser mit dem Kopf durch die Wand und so mit immer mehr Druck statt mit Sog die Dinge vorantreiben.
2. Mangelndes Selbstwertgefühl
Wie beim Minderwertigkeitskomplex gilt: Wer sich selbst nicht für „erfolgsberechtigt“ hält, weil er nicht an sich glaubt und seine Leistungen für unbedeutend hält, wird ein Problem damit haben, sich zu Handlungen zu motivieren, die ihn weiterbringen. Da man selbst nicht viel von sich hält, wird man auch nicht in sich selbst investieren oder gar an der Entfaltung der eigenen Talente arbeiten. So ist es naheliegend, dass ein Mensch mit geringem Selbstwertgefühl nicht motivieren kann, denn er wird nicht gut artikulieren können, was er vom Gegenüber erwartet, er tut sich schwer, zu delegieren oder um etwas zu bitten.
3. Undankbarkeit
Sie haben Ihrem Chef geholfen, die Präsentation für das Vertriebsmeeting aufzupolieren, sind dafür abends zwei Stunden länger im Büro geblieben – und er hat sich nicht bedankt ? Undankbarkeit ist ein klassischer Motivationskiller in der Arbeitswelt, der von Führungskräften in seiner Wirkung sehr unterschätzt wird. Aber nicht nur im Job, auch im Privatleben ist fehlender Dank verantwortlich für Demotivation und Frustration. Undankbarkeit signalisiert dem anderen: „Was du für mich tust, ist für mich selbstverständlich. Es ist für mich nicht so bedeutend, dass ich es extra kommentieren muss.“ Besonders sensible Menschen beziehen dies auf sich persönlich, sie fühlen sich als Person nicht wertgeschätzt und ihr Selbstwertgefühl leidet darunter. Aber auch eigene Undankbarkeit ist ein großer Motivationskiller, denn so manövriert man sich selbst in eine Opferhaltung, aus der nur allzu schnell ein Teufelskreis wird.
4. Mobbing
Von anderen schikaniert, sabotiert, geschnitten oder verleumdet zu werden, also gemobbt zu werden, untergräbt jegliche Motivation und kann psychisch und physisch extrem belastend sein. In einer „Mobbingkultur“ ist positive Motivation praktisch nicht zu finden, sei dies am Arbeitsplatz, in der Schule oder in anderen Institutionen.
5. Negatives Denken
„Das funktioniert sowieso nicht“, „Der Kunde wird mein Angebot sicher nicht annehmen“, „Den Job bekomme ich bestimmt nicht“: Negatives Denken wirkt demotivierend und leider bestätigen sich viele negative Vorannahmen dann auch, weil man sich gedanklich quasi darauf programmiert. Auch hier spielt mangelndes Selbstwertgefühl eine große Rolle. Negatives Denken ist eine schlechte Gewohnheit und hängt nicht zuletzt eng mit dem fehlenden Glauben an sich selbst und an die eigene Macht, etwas bewirken zu können, zusammen. Es kann aber auch aus Angst vor Veränderung oder gar aus Angst vor Erfolg entstehen.
6. Entmutigung und negative Suggestionen
„Dazu bist du noch zu klein“, „Das kannst du nicht“, „Wenn du das machst, wirst du sicher auf die Nase fallen“, „Das wirst du bereuen“, „Damit machst du dich lächerlich“: Wer von der Umwelt dauernd solche Sätze vorgesagt bekommt, wird irgendwann auch selbst so mit sich sprechen. Was uns eingeredet wird, setzt sich irgendwann als Glaubenssatz fest, und wir denken gar nicht mehr über den Wahrheitsgehalt der Aussagen nach. Viele Menschen leiden ihr ganzes Leben unter Entmutigungen aus ihrer Kindheit oder sie werden im Erwachsenenalter von einem Mitmenschen oder ihrem Partner davon abgehalten, etwas anzupacken oder etwas in ihrem Leben zum Positiven zu verändern. Es versteht sich von selbst, dass jemand, der keinen Mut hat, auch nur das geringste Risiko einzugehen, ein Motivationsproblem hat.
7. Pessimismus
Der Pessimist hält die Welt für schlecht und sieht das böse Ende kommen. Selbst die beste Ausgangslage deutet er um und er findet immer einen Grund, warum etwas zu schön ist, um wahr zu sein. Mit einer solchen Grundhaltung wird positive Selbst- und Fremdmotivation nicht möglich sein. Wer immer das Schlechteste fürchtet, kann weder an sich und seine Potenziale noch an die Talente und Fähigkeiten der anderen glauben. Pessimismus und negatives Denken sind eng miteinander verwandt. In einer von Pessimismus geprägten Umgebung werden positive Motivation, Begeisterung und Freude im Keim erstickt.
8. Ziellosigkeit
Wer nicht weiß, wohin er will, wird sich schwer dazu motivieren können, loszufahren. Ziellosigkeit und Lust, sich oder etwas zu bewegen, sind zwei Faktoren, die sich gegenseitig ausschließen. Und wer nicht in der Lage ist, den Menschen attraktive Ziele zu zeigen und sie davon so zu begeistern, dass sie sich mit diesen Zielen identifizieren und mitziehen, wird sich als Führungskraft nicht durchsetzen können. Das Schiff „Unternehmen“ und die Menschen, die darin arbeiten, werden sich nicht vorwärtsbewegen. Ziele hängen eng mit Visionen zusammen – wo keine Vision, da auch keine lohnenswerten Ziele.
9. Schlechte Führung
Ein starker Motivationskiller in Unternehmen und Organisationen ist schlechte Führung. Schlechte Führung zeichnet sich durch unklare oder widersprüchliche Anweisungen, mangelnde Entscheidungsfähigkeit, mangelnde Fähigkeit zum Delegieren, Kontrollwahn, fehlende Wertschätzung von
Personen und ihren Leistungen, Orientierung an Fehlern statt an Erfolgen und andere Faktoren aus. Das konstruktive Miteinander von Mitarbeitern und Vorgesetzten wird dadurch erschwert, man zieht nicht an einem Strang, Sand ist im Getriebe, Stagnation ist die Folge. In einer schlecht geführten Organisation überwiegen Frustration, Unsicherheit, Dienst nach Vorschrift und innere Kündigung. Eine solche Organisation ist überdies anfällig für Mobbing. Eine Führungskraft, die nicht gut führt, kann keinen Sinn vermitteln, keine Visionen und Ziele vorgeben und nicht begeistern. Die motivierbaren Mitarbeiter werden ein solches Unternehmen verlassen, es bleiben die wenig Motivierten, die eine Veränderung scheuen oder die sich mit der Situation arrangieren, weil sie vielleicht nur noch ein paar Jahre bis zur Rente „abzusitzen“ haben.
10. Respektlosigkeit
Achtung vor der Würde einer Person, Aufmerksamkeit, Rücksicht, Höflichkeit, Anerkennung von Leistung: Respekt hat viele Facetten, immer aber geht es um Wertschätzung des anderen, seiner Rolle, seiner Leistung, seiner Autorität. Respektlosigkeit hat analog dazu ebenso viele Facetten, je nachdem, wer sie wen in welchem Zusammenhang spüren lässt. Respektlosigkeit gegenüber Untergebenen ist ein Merkmal schlechter Führung oder von Frustration, Respektlosigkeit gegenüber Vorgesetzten oder Autoritätspersonen kann von schlechter Erziehung bis Frustration als Reaktion auf Verhalten des anderen unterschiedlichste Ursachen haben. Häufig ist Respektlosigkeit ein Motivationskiller, denn sie verursacht im Gegenüber eine negative Reaktion. Dieser kann sich gegen die Respektlosigkeit wehren oder sie schweigend schlucken, in jedem Fall zerstört sie die Beziehung, verhindert den Aufbau von Vertrauen und nagt am Selbstwertgefühl.
11. Geringe Frustrationstoleranz
Die Menschen gehen aufgrund ihrer persönlichen Geschichte, ihrer Persönlichkeit, ihrer Erziehung und anderer Einflüsse sehr unterschiedlich mit Frustrationen um. Die Bandbreite an Reaktionen auf Enttäuschungen, Probleme, Kritik, Misserfolg und sonstige als negativ wahrgenommene Ereignisse ist groß. Eine geringe Frustrationstoleranz kann jedoch ein starker Motivationskiller sein, denn wer sich beispielsweise von jedem kritischen Wort des Chefs, und sei es noch so sachlich geäußert, persönlich angegriffen fühlt, wird sich eher zurückziehen und diesen Situationen aus dem Weg gehen. Oder er wird wütend reagieren, sich in eine Verteidigungshaltung begeben, anderen die Verantwortung zuschieben oder sich herausreden. Immer wenn Probleme oder Hindernisse auftauchen, brauchen wir eine Frustrationstoleranz, um nicht gleich aufzugeben. Viele vergessen, dass das ganze Leben aus Problemen besteht und es unsere Aufgabe ist, diese zu meistern.
12. Fehlende Anerkennung
Wird die Leistung eines Menschen von außen nicht beachtet oder anerkannt, leidet die Motivation darunter sehr stark. Die fehlende Anerkennung beeinflusst das Selbstwertgefühl, nährt Selbstzweifel und wirft in letzter Konsequenz die Sinnfrage auf: „Warum mache ich das überhaupt ? Es sieht ohnehin keiner, wie ich mich abrackere“, „Wozu strenge ich mich an, es interessiert doch keinen, was ich mache“ und so weiter. Doch nicht nur in der Beziehung zwischen Mitarbeitern und Chef kann dieser Motivationskiller wirken. So gibt es ganze Berufsgruppen, die darunter leiden, dass das Bild dessen, was sie leisten, in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen wird oder sie sogar gesellschaftlicher Kritik ausgesetzt sind. Lehrer oder auch die Pflegeberufe haben hier vielfach einen schweren Stand, und nicht ohne Grund sind die Burn-out-Raten dort besonders hoch. Fehlende Anerkennung ist auch dort ein starker Motivationskiller, wo komplette gesellschaftliche Gruppen „abgestempelt“ werden, wie „Arbeitslose“ oder „Migranten“ oder sogar „die Jugend“.
13. Kritik
Wer ständig kritisiert wird oder sich kritisiert fühlt, dessen Motivation wird nicht besonders stark sein, besonders, wenn die Kritik nicht konstruktiv ist. Und ist sie gar ungerechtfertigt, verstärkt das die Demotivation noch mehr. Kritik ist in unserer Gesellschaft leider sehr stark verankert, in den Medien, der Politik, aber auch im Alltag jedes Menschen wird vieles kritisiert, ohne sich über die Hintergründe oder Ursachen des kritisierten Umstandes Gedanken zu machen. Jemand, der andere ständig kritisiert, wird selbst keine Motivationsfähigkeit haben, ein sehr kritischer Chef darf von seinen Mitarbeitern nicht viel mehr als Dienst nach Vorschrift erwarten.
14. Unfaire Behandlung
„Das ist ungerecht, ich habe doch gar nichts getan“, klagt die große Schwester, die wieder einmal für den kleinen Bruder den Kopf hinhalten muss. „Warum muss ich schon wieder die Werkstatt aufräumen“, schmollt der Auszubildende, „ich war doch erst gestern an der Reihe !“ „Warum bekommt der Kollege eine Prämie und ich nicht ? Ich habe doch genauso hart gearbeitet wie er !“ Warum ich und nicht die anderen, warum die anderen und nicht ich ? Das Gefühl, unfair behandelt zu werden, ruft Widerstand, Wut oder Enttäuschung hervor. Hier spielt der Vergleich mit anderen eine Rolle. Aber auch Kritik oder Bestrafung können als unfaire Behandlung empfunden werden. Ob wirklich unfair oder nur gefühlt unfair, auf jeden Fall wirkt unfaire Behandlung demotivierend, der Betroffene wird sein Engagement zurückschrauben.
15. Versagensängste
Die Angst zu versagen tritt in unterschiedlichen Situationen auf. Je nach Persönlichkeitsstruktur kann diese Angst eine Motivation oder ein Motivationskiller sein. Ein Motivationskiller wird sie dann, wenn man das, wovor man Angst hat, vermeidet. Also zum Beispiel ein Job-Angebot ausschlägt oder Aufgaben nicht übernimmt, weil man sich vor dem Scheitern fürchtet. Versagensängste hindern Menschen auch daran, vor größeren Gruppen zu sprechen und Präsentationen oder Vorträge zu halten. Versagensängste können sehr belastend sein und die damit verbundene Vermeidungshaltung führt dazu, dass man entsprechenden Herausforderungen aus dem Weg geht und sich immer in die zweite Reihe stellt, seine Talente und Fähigkeiten also nicht nützt. Die Ursachen für Versagensängste können vielfältig sein. In unserer Kultur, in der Fehler als Makel betrachtet werden und nicht als Lernpotenzial, ist Versagen auch häufig mit Stigmatisierung verbunden. Versagensängste hängen eng mit Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen zusammen. Je mehr man sich in Vermeidungshaltungen begibt, umso schwächer wird der Glaube an sich selbst.
16. Furcht vor Misserfolg
Ähnlich wie Versagensängste wirkt die Furcht vor Misserfolg als Motivationskiller. Dabei ist es häufig eine Frage der Interpretation, was überhaupt ein Misserfolg ist, denn für jeden errungenen Erfolg muss man immer auch ein paar Misserfolge in Kauf nehmen. Um nicht schlecht dazustehen oder nicht erleben zu müssen, wie wir unseren eigenen, völlig überzogenen Ansprüchen nicht gerecht werden, verlieren wir den Mut, etwas zu wagen. Misserfolge gehören zum Leben dazu und in einem Misserfolg kann auch sehr viel Lernpotenzial stecken. Doch viele Menschen geben nach einem Misserfolg sofort auf, oder, noch schlimmer, schon die Furcht davor lässt sie vor schwierigen Aufgaben zurückschrecken. Sie fürchten sich davor, vor anderen schlecht dazustehen und als Versager abgestempelt zu werden und die Verantwortung für den Misserfolg zu übernehmen. Besonders stark wirkt die Furcht vor Misserfolg in einem Umfeld, in dem Misserfolge generell als negativ betrachtet werden. Dass in einer solchen Umgebung die positive Motivation wenig Raum hat, verwundert nicht.
17. Echte Misserfolge
Nichts verunsichert einen Menschen mehr als eine Reihe von Misserfolgen. Doch können Sie sich leicht ausmalen, wie unsere Welt aussähe, hätte so mancher Erfinder nach dem ersten Misserfolg aufgegeben. Politik, Wissenschaft, Technik, Kultur: Immer neue Anläufe, die Welt besser, das Leben sicherer, den Alltag angenehmer zu machen, sind verantwortlich dafür, dass es Fortschritt und Entwicklung gibt. Doch leider lassen sich viele Menschen von einem ersten Misserfolg so beeinflussen, dass sie ihre Ambitionen zurückschrauben und ihre Motivation verlieren. Unsere an Fehlern statt an Stärken ausgerichtete Kultur unterstützt diese Haltung leider. Schon in der Schule werden die Weichen gestellt, die viele Menschen davon abhalten, Dinge auszuprobieren, das Risiko des Misserfolgs in Kauf zu nehmen und so zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Misserfolg wird so zu einem Motivationskiller statt zu einem Antreiber.
18. Perspektivlosigkeit
Ähnlich den fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten wirkt die Perspektivlosigkeit als Motivationskiller. Veränderungen im Unternehmen wie Fusionen und Übernahmen, Verlagerung ins Ausland, Wechsel im Management und standort- oder branchenbezogene Strukturveränderungen bringen Unruhe und Unsicherheit ins Unternehmen. Oft wird dies durch mangelnde Kommunikation, unausgereifte Entscheidungen der Führungsebene und besonders bei Fusionen und Verlagerungen ins Ausland, durch das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Firmenkulturen und Mentalitäten, verursacht oder verstärkt. Unter dem Gesichtspunkt der Mitarbeitermotivation kann in solchen Situationen extrem viel schiefgehen. Perspektivlosigkeit kann aber auch im privaten Bereich wirksam werden, zum Beispiel nach einer Trennung oder dem Verlust des Partners und anderen Krisen. Antriebslosigkeit, Zukunftsängste, fehlender Lebenssinn sind oft die Folgen.
19. Falsche Glaubenssätze
„Erfolg ist schwerer zu erreichen als Misserfolg“, „Reichtum verdirbt den Charakter“, „Ich muss es immer allen recht machen“, „Ich darf niemanden um Hilfe bitten“, „Ich bin zu jung/alt/dick/hässlich/ungebildet, um …“, „Als Frau kann man in dieser Branche/dieser Firma keine Karriere machen“, „Ein Mann muss Härte zeigen“, „Ich kann das nicht“ und nicht zuletzt „Das ist unmöglich“. Wir könnten die Reihe solcher Aussagen unendlich fortsetzen und sicher haben Sie einige davon schon gehört oder sie auch selbst schon gedacht oder ausgesprochen. Viele Menschen lassen sich ihr Leben lang durch falsche Glaubenssätze daran hindern, erfolgreich zu sein, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen und ihre Potenziale und Talente zu ihrem Nutzen und zum Nutzen anderer einzusetzen. Falsche, weil negative, abwertende oder von Vorurteilen geprägte Glaubenssätze sind sehr wirkungsvolle Motivationskiller, speziell dann, wenn sie Ihre Haltung zu sich selbst negativ beeinflussen oder sogar zu Minderwertigkeitsgefühlen führen. Sie blockieren die Kreativität, den Mut und die Bereitschaft zu Veränderung.
20. Vergleich mit anderen
Ein sehr „wirksamer“ Motivationskiller ist der Vergleich mit anderen. Wir haben es bei den Themen „unfaire Behandlung“ und „unfaire Bezahlung“ auch schon angesprochen. Das Gefühl der mangelnden Fairness oder der Ungerechtigkeit entsteht oft dann, wenn man sich mit anderen vergleicht. Anstatt zu sehen, was wir gut gemacht haben, und darauf zu achten, ob man selbst besser geworden ist, neigen wir dazu, uns mit jenen Menschen zu vergleichen, die genau in diesem einen Punkt besser sind. Solange man nicht weiß, dass der Kollege 300 Euro mehr verdient als man selbst, fühlt man sich mit seinem Gehalt wohl. Sobald man es aber weiß, kommt man ins Grübeln, ist auf einmal unzufrieden, fragt sich, warum der andere mehr bekommt, findet hundert Gründe, warum das ungerecht ist, der Groll gegenüber dem Chef wächst, die negativen Gefühle werden immer stärker. Anlässe für den Vergleich mit anderen gibt es genug und damit auch viele Gründe für Neid, Missgunst, Verdächtigungen, Tratsch und Klatsch. Je schwächer das eigene Selbstwertgefühl ist, umso anfälliger wird man für den Vergleich. Und je weniger ein Mensch an sich selbst glaubt, umso schneller kann ihn ein Vergleich mit anderen verunsichern und demotivieren.
Sich selbst mit anderen zu vergleichen ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, von anderen verglichen zu werden. Eltern, die ihre Kinder unter Leistungsdruck bringen, indem sie sie mit anderen vergleichen und entweder für viel klüger oder viel dümmer halten, setzen das denkbar schlechteste Motivationsinstrument ein.
21. Der stärkste Motivationskiller: das Gefühl der Sinnlosigkeit
„Das hat doch alles keinen Sinn !“ So oder ähnlich denken Menschen, die nicht mehr weiterwissen oder sogar schon resigniert haben. Sie geben auf, fühlen sich hilflos und finden nicht mehr die Kraft, für etwas zu kämpfen. Mit dem Thema Sinn befinden wir uns unmittelbar an den Wurzeln menschlicher Existenz. Nach dem Sinn des Lebens zu fragen ist ein Kennzeichen des Menschen. Er fragt, warum er etwas nicht, wofür, weshalb, wozu er diese oder jene Entscheidung trifft, so oder anders handelt, diesen oder jenen Weg geht. Sinn ist also eine sehr wichtige Lebensgrundlage. Findet ein Mensch auf seine Fragen keine Antworten, wird jegliche Motivation „gekillt“. Die Sinnfrage wird besonders dann drängend, wenn jemand in eine Krise gerät. Das Gefühl von Sinnlosigkeit kann typischerweise sogar mit den Gedanken an Selbstmord einhergehen. Sinnlosigkeit führt zwangsläufig zu Depression und Pessimismus und wirkt auf die ganze Umgebung ansteckend.
Der Arbeitspsychologe und Psychotherapeut Dr. Helmut Graf beschäftigt sich im Rahmen seiner Tätigkeit als Therapeut und Unternehmensberater intensiv mit dem Thema Sinn und Arbeitswelt. Aus der Arbeit mit Klienten und aus Untersuchungen weiß er, dass die heutige Situation in den Unternehmen für Führungskräfte wie für Mitarbeiter zu einer „Sinndissonanz“ führt. Der Anspruch an ihr Tun, ihr Wunsch und Wille, etwas zu bewirken, ihre Talente und Fähigkeiten bestmöglich einzubringen, wird häufig von außen untergraben – unternehmensinternes Ranking und damit verbundener Wettbewerb, mangelhafte Informationen, fehlende Unterstützung durch andere sind nur einige der Störfelder, die die Motivation untergraben. Die Menschen funktionieren irgendwann nur noch, erbringen vielleicht sogar gute Leistungen, doch mit den Monaten und Jahren führt diese Sinndissonanz zu immer mehr Frustration. Helmut Graf geht davon aus, dass ein Viertel der Führungskräfte mit mehr als 30 Mitarbeitern unter einer solchen – oft sehr ausgeprägten – Sinndissonanz leiden. Und das hat nicht nur Auswirkungen auf die Qualität ihrer Arbeit, sondern auf ihre psychische Gesundheit, auf das Familienleben und das soziale Miteinander. Und es zieht seine Kreise immer weiter. „Dass die Welt so ist, wie wir sie heute erleben, hat damit zu tun, dass etliche von uns eine solche Sinndissonanz erleben“, so Helmut Graf im Rahmen unseres großen Erfolgskongresses im Frühjahr 2011.